Harmonisierung des Insolvenzrechts in der EU für die Kapitalmarktunion: Insolvenzverwalter erwartet teils drastische Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft Es war eines der Top-Themen beim EU-Wirtschaftsgipfel, der gerade zu Ende gegangen ist: Die Kapitalmarktunion. Sie soll Europa wettbewerbsfähiger machen und dafür soll auch das Insolvenzrecht in der EU weiter harmonisiert werden. Doch was bedeuten die Pläne für Unternehmer in Deutschland? Wir besprechen es im „Advoselect Podcast“ mit Sebastian Ludolfs, einem der Insolvenzverwalter in Deutschland.
Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht aus Walsrode bei Hannover sieht Teile der geplanten EU-Richtlinie „Insolvency III“ sehr kritisch und warnt zum Beispiel mit Blick auf geplante Neuerungen für Kleinunternehmen: „Wenn das so umgesetzt wird, betrifft es mehr als 90 Prozent aller in Deutschland tätigen Unternehmen. Die Folgen wären sicherlich schwierig für die gesamte deutsche Wirtschaft“.
Was genau soll sich für rund 90 Prozent der Unternehmen in Deutschland ändern? Warum könnten die Neuerungen auch Missbrauch Tür und Tor öffnen und die Gerichte völlig überlasten? Sebastian Ludolfs gibt im „Advoselect Podcast“ Antworten und wird Sie auch durch weitere Aspekte der Richtlinie führen – zum Beispiel das sogenannte „Asset Tracing“, das Aufspüren von Vermögenswerten im EU-Ausland. „Beispielsweise soll es so sein, dass der Insolvenzverwalter und die Gerichte besseren Zugang zu nicht öffentlichen Registern haben“, erklärt Sebastian Ludolfs im „Advoselect Podcast“. „Sie können dann also Vermögenswerte, Bankkonten und Schließfächer aufspüren. Es soll auch ein sogenanntes zentrales Bankenregister geben, wo dann die Informationen zu Bankkonten gehalten werden. Also wenn diese Vorschläge so umgesetzt werden, dann wird es sicherlich für die Gerichte und den Insolvenzverwalter deutlich leichter werden, Vermögenswerte im Ausland aufzuspüren.“
Auch beim Thema Insolvenzantragspflicht sind Neuerungen geplant. Hier sollten vor allem Freiberufler genau hinhören: „Geplant ist, dass künftig auch natürliche Personen, also ein selbstständiger Handwerker beispielsweise, gezwungen sein sollen, einen Insolvenzantrag zu stellen. Das haben wir im deutschen Recht im Moment noch nicht und es wäre eine große Neuerung, die sicherlich auch eine Verschärfung des Insolvenzrechts in Deutschland mit sich bringen würde.“
Was man im deutschen Insolvenzrecht bisher auch nicht kennt, ist das sogenannte „Pre-Pack-Proceeding“, kurz PPP. Dabei geht es – vereinfacht gesagt – um Verfahrensmöglichkeiten, wie ein insolventer Schuldner sein Unternehmen an Investoren verkaufen kann. „Dieses Verfahren wird in Deutschland auch schon mit Spannung erwartet“, sagt Sebastian Ludolfs. „Wir werden dann in einem zweigeteilten Verfahren vielleicht im Vorfeld des Insolvenzverfahrens schon überprüfen, welche Interessenten für das Unternehmen vorhanden sind. Und dann soll es auch ein nichtöffentliches Verfahren sein, in dem dann schon ein Käufer gesucht wurde. Im Insolvenzverfahren würde dann dieser vorbereitete Kaufvertrag vollzogen werden. Das hat sicherlich eine Menge Vorteile. Man könnte das Verfahren relativ wenig öffentlichkeitswirksam ‚im stillen Kämmerlein’ vorbereiten und das Unternehmen nimmt in der Öffentlichkeit weniger Schaden im Ruf.“
Der „Advoselect Podcast“ ist unter anderem über Spotify und die „Advoselect App“ abrufbar. Jetzt reinhören und top informiert sein. Wir freuen uns auf Ihr Feedback. Für weitergehende Fragen und Beratungen rund um das aktuelle Insolvenzrecht stehen Ihnen die Kanzlei Ludolfs und viele weitere Advoselect-Mitgliedskanzleien in Deutschland und Europa gern zur Verfügung.